Dokumentation – Ausstellung – Vermittlung

Das Lern- und Dokumentationszentrum zum Nationalsozialismus (LDNS) im ehemaligen Tübinger Güterbahnhof ist als ein zentraler Ort des Erinnerns, der Dokumentation und der pädagogischen Vermittlung geplant.
Diese Bestimmungen greifen ineinander und bauen aufeinander auf.
Grundlegend sind ein umfassendes Bildungsangebot sowie ein Ausstellungskonzept, das die Tübinger NS-Geschichte am authentischen Ort im historischen Kontext darstellt.
Ein solches Konzept beinhaltet das Aufzeigen von Bezügen zur Gegenwart, zu Demokratie, zu derzeitigen Gefährdungen – etwa durch populistische Bewegungen – sowie zur Lebensrealität des Einzelnen.

Quellen dokumentieren und archivieren – Forschungslücken schließen

Die Mitglieder des Vereins LDNS haben es sich zur Aufgabe gemacht, eine umfassende Dokumentation zur NS-Zeit in Tübingen zu erstellen, historische Quellen zu sammeln und am authentischen Ort Güterbahnhof zentral zu archivieren.
Drei thematische Schwerpunkte, die künftigen Besucherinnen und Besuchern vermittelt werden sollen, werden im geplanten Lern- und Dokumentationszentrum zum Nationalsozialismus maßgeblich sein:

Geschichte des Nationalsozialismus in Tübingen
Die Rolle der Universität im Nationalsozialismus
Geschichte der Zwangsarbeit in Tübingen und der Region Südwürttemberg und Hohenzollern

Quellen und Forschungsresultate

Sämtliche Forschungsergebnisse und historische Quellen werden der Öffentlichkeit zu Recherche- und Lernzwecken zur Verfügung stehen:

  • Schriftdokumente (z. B. Artikel aus der „Tübinger Chronik“, Gemeinderatsprotokolle, „Schutzhaft“-Listen)
  • Karten, Grafiken (z. B. zu Herkunftsorten und Lebenswegen von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern)
  • Biografische Zeugnisse von Opfern, Widerständlern, NS-Akteuren (z. B. Feldpostbriefe, Memoiren, Zeitzeugeninterviews)
  • Biografien von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern
  • Fotos, Filme (zeitgenössische und aktuelle Dokumente)
  • Informationen zu regionalen Gedenkstätten, Archiven
  • Sammlung Wedlich (4700 Titel)
  • Dokumentation der Orte: Zwangsarbeiterlager, Gräberfeld X (Bestattung von ermordeten Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen und anderen NS-Opfern)
  • Datenbanken

Dokumente und Quellen zu aktuellen Entwicklungen

Ergänzend zum historischen Material aus der Zeit des Nationalsozialismus erstellt der Verein Dokumentationen sowie Datenbanken zu aktuellen gesellschaftlichen und politischen Themen:

  • Rechtsradikalismus
  • Jugendszene
  • Rechte Musik
  • Rechte Print- und Onlinemedien
  • Rassismus und Antisemitismus
  • Völkischer Nationalismus und populistische Bewegungen

Dauerausstellung und Sonderausstellungen

Güterhalle. Links der Beobachtungsstand (Foto: Hans-Peter Hellermann).

Die Ergebnisse der Forschungs-, Recherche- und Archivierungsarbeit der Arbeitsgruppen und der einzelnen Mitglieder des Vereins LDNS bilden die Grundlage für das Ausstellungskonzept.
Die Architektur selbst, der authentische Ort Güterbahnhof mit dem in der NS-Zeit errichteten Beobachtungsstand (Erdgeschoss) ist Teil der Dokumentation und des Ausstellungskonzepts.
Es sind wechselnde Ausstellungen geplant, die spezielle Themen vertiefen, aktuelle Tendenzen aufgreifen oder Projektarbeiten, etwa von Schulklassen, präsentieren.

Ein multimedialer Parcours führt durch die Ausstellung und den Lernbereich.
Die Themen sollen durch Fotografien, Objekte und Dokumente veranschaulicht und in digitalen Präsentationen in einen größeren historischen Kontext gestellt werden.
So werden beispielsweise Biografien in Hörstationen und visuellen Darstellungen erlebbar.
Virtuelle Präsentationen machen größere räumliche Zusammenhänge (Karten, Luftaufnahmen, Orte) nachvollziehbar.

Vermittlung – Bildungsarbeit und Veranstaltungen

Das LDNS steht Besucherinnen und Besuchern jeden Alters und jeder Herkunft offen. Die Einrichtung soll Interessierten die Möglichkeit bieten, sich mit historischen und aktuellen politischen Themen zu beschäftigen, zu recherchieren oder die Ausstellungsinhalte zu vertiefen.

Darüber hinaus bietet das Lern- und Dokumentationszentrum mit regelmäßig stattfindenden Veranstaltungen und Bildungsangeboten ein Forum, in dem sich Menschen begegnen, austauschen oder auch selbst aktiv einbringen können.

  • Vorträge

    Vortrag der Projektgruppe „Tübinger NS-Akteure“ im Juli 2017 (Foto: Hans-Peter Hellermann).

  • Lesungen
  • Filmvorführungen
  • Diskussionen
  • Führungen durch die Ausstellung und fachliche Begleitung durch das Personal des LDNS
  • Stadtführungen
  • Recherche- und Lernort für alle Interessierte
  • Außerschulischer Ort des selbstständigen Forschens für Jugendliche und Schulklassen (Geschichtslabor, Projekttage, Workshops)

Der Lernbereich im LDNS

Der Lernbereich ist das Herzstück der Einrichtung. Eine große Bandbreite an Instrumenten, Lernmaterialien und technischer Ausstattung für Präsentation und Recherche (PC-Arbeitsplätze, Touchscreens, Archivalien, Bücher, Hörstationen) sollen das eigenständige, forschende Lernen unterstützen.
Geplant ist die digitale Vernetzung mit anderen Lernorten zum Nationalsozialismus, mit Gedenkstätteninitiativen und zivilgesellschaftlichen Organisationen.

Die räumliche Nähe zum Tübinger Stadtarchiv ermöglicht eine enge Kooperation mit dem LDNS sowie die gemeinsame Nutzung von Lesesaal und Veranstaltungsraum.

„Was hat das mit mir zu tun?“
Lernort für Jugendliche – Zusammenarbeit mit Schulen

Den Initiatorinnen und Initiatoren des geplanten Lernzentrums ist es ein Anliegen, insbesondere Jugendliche und junge Erwachsene anzusprechen.
Daher sieht das LDNS in der Kooperation mit Schulen eine seiner Kernaufgaben.
Ziel ist es, den in der Schule gelernten Unterrichtsstoff zum Nationalsozialismus in vertraute Kontexte – die eigene Stadt, das eigene Leben – zu rücken und die Themen auf diese Weise nahbar und greifbar zu machen.
Die Mitglieder des LDNS werden vielfältige Bildungsangebote und Lernmodule entwickeln, die auf die jeweiligen schulischen Bildungs- und Lehrpläne abgestimmt sind.

Das LDNS wird ein breites Spektrum an unterrichtsbegleitenden Formaten anbieten:

  • Durchführung von Projekttagen und Forschungsprojekten zu spezifischen Themen
  • Schulbesuche durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des LDNS, um schulische Projekte vor- und nachzubereiten

    Stadtführung zur Biografie von Lilli Zapf, Sommer 2016 (Foto: Dorothea Kliche-Behnke)

  • Archivpädagogik: historisches Lernen im Archiv
  • Führungen durch Jugendguides (Ausstellung, Stadtrundgänge)
  • Lehrerfortbildungen
  • Beratung von Lehrerinnen und Lehrern zu Quellen und Unterrichtsprojekten
  • Beteiligung von Jugendlichen und Studierenden an der Ausstellungsgestaltung (Konzept, Broschüre, Katalog)
  • Ausarbeitung von thematischen Stadtführungen

LDNS und Tübinger Stadtarchiv
Historische Bildungsarbeit – Forschendes und selbst organisiertes Lernen

Der Zugang zu relevanten Informationen sowie die gute mediale Ausstattung des LDNS sollen forschendes, eigenständiges und selbst organisiertes Lernen ermöglichen. Dies bedeutet, dass beispielsweise Schülerinnen und Schüler aktiv und selbstbestimmt an der Planung, Gestaltung, Durchführung und Auswertung von Projekten beteiligt sind.

Die geplante gemeinsame Unterbringung von Stadtarchiv sowie Lern- und Dokumentationszentrum im Güterbahnhof bietet hierbei außergewöhnliche und vielversprechende Möglichkeiten der Zusammenarbeit.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Lernzentrums stehen den Jugendlichen, Schulklassen und Gruppen als Lotsen zur Seite. Sie unterstützen bei der Quellensuche, bei Recherchen, der Archivarbeit und der Vermittlung von Ergebnissen.